Gitte
Kutschbach schaut verschmitzt um die Ecke. „Los geht’s! Wir haben viel vor heute!“
Noch sammeln
wir uns ein wenig und genießen die frische Luft im kleinen Dörfchen Glinde an der Elbe. Es
ist ja noch früh am Morgen!
Nur fünf
Minuten später finden wir uns im Restaurant 'Zum Goldenen Anker' wieder. Hier
werden wir heute die Küche erobern und unseren eigenen Ziegenkäse herstellen.
So richtig vorstellen kann ich mir das noch nicht. Ich befürchte, das wird
alles ziemlich kompliziert. Milchsäurebakterien, Lab, Mischverhältnisse,
Aufwärmtemperaturen – beim kurzen Blick in das kleine Seminarmäppchen wird mir
schon ganz schwindelig. Aber zum Glück gibt’s erstmal einen Kaffee mit einem
kräftigen Schluck frischer Ziegenmilch.
Der
Glinder Ziegenhof ist einer der wenigen Biohöfe in der Region rund um
Magdeburg, der alles allein macht. Aufzucht der Tiere, Futterproduktion,
Herstellung von phantastischen Ziegenmilchprodukten und Vertrieb – alles aus
einer Hand. Und mitten drin Gitte Kutschbach. Die Leidenschaft für ihre Tiere
und das Käsen kann man am Funkeln ihrer Augen sehen. „Von Anfang an züchten wir die selten
gewordene Harzziege. Sie gibt zwar weniger Milch, ist aber ordentlich robust.
Das brauch man hier an der Elbe“, erklärt Gitte.
Nach einer
kurzen Einführung zum Hof, den Tieren und zum Produkt Milch schnappen wir uns
schon Schürzen und Mützen und verschwinden neugierig in der Küche. „Na mal sehen, ob es heute klappt“, sagt
Gitte. Der Erfolg beim Käsen hängt nämlich von vielen Faktoren ab: Der richtige
Fettgehalt, die richtige Temperatur (die Milchsäurebakterien scheinen kleine
Diven zu sein) und Vorsicht mit dem Lab! Das Lab ist sehr empfindlich. Ich zweifle weiter. Ob das was wird? Mir scheint
das alles weiterhin sehr, sehr kompliziert…
Aber ganz
nach dem Motto „einfach machen“ geht’s los. Einen Topf, Löffel, ein
Thermometer, einen Messbecher, eine Form, etwas Geduld und natürlich frische
Milch bester Qualität – mehr benötigt man zum Käsen gar nicht. Zunächst machen
wir die frische Ziegenmilch warm. Nur 25 Grad bitte, mehr braucht man nicht.
Dann kommen die Milchsäurebakterien hinzu. „Deckel drauf – und dann gehen wir
erstmal frühstücken.“ Och, das war ja einfach.
Mit
Käsehäppchen im Bauch, frischem Kaffee im Blut und viel Wissen rund um das Käsen im Kopf geht’s
nach einer kleinen Pause schon wieder weiter. Jetzt kümmern wir uns um das
Dicklegen der Milch, oder auch Einlaben.
Wieder wird die Milch erwärmt (je nach Käseart 23 - 32 °C), dann das Lab
eingerührt und danach die Milch sofort zum Stillstand gebracht. Deckel drauf
und… warten.
Nach einer knappen Stunde (und vielen spannenden Infos rund um das
Käsen reicher) machen wir die Messerprobe – wir überprüfen die Festigkeit der
entstandenen Gallerte.
Hat sie den Test bestanden, kann man den käsigen "Wackelpudding"
in ca. 5 cm-Würfel schneiden. Dann kommt jede Menge Rühren, Kräuter werden hinzu
gegeben und dann – ab mit den Bruchkörnern in die vorgesehenen Käseformen...
Inzwischen ist es schon Mittag. „Dann gehen wir mal Essen“, sagt Gitte. Och ja, gegessen haben wir ja lange nicht. Die Wirtin serviert uns leckere Kürbissuppe und wir kommen mit Gitte ins Schwatzen. „Die Tiere sind unser Lebensinhalt. Ich könnte mir nichts anderes vorstellen. Aber nach zwanzig Jahren war es mal an der Zeit, was anderes zu machen.“ Was anderes heißt bei Gitte, dass zu den vielen Ziegen noch Hühner dazu kommen. Und Sattelschweine. Die Eier, leckere Wurst und natürlich der Käse werden im Hofladen angeboten. Außerdem fährt Gitte auf ausgewählte Märkte, um die tollen Produkte zu verkaufen.
Der Wind fegt über die Elbe und uns um die Nase. Nach einem kurzen Spaziergang auf dem Elbdeich sehen wir die Ziegen schon. Und sie sehen uns. Neugierig und zutraulich beobachten sie jeden Schritt, den wir machen. Sturm ist angesagt. Man merkt, dass die Ziegen nach Hause wollen. „Dürfen sie auch gleich“, sagt Gitte. Sie will uns aber erstmal den Hof zeigen. Kaum haben wir uns umgedreht, folgen die Ziegen ihrem eigenen Plan. Sie wollen wirklich nach Hause. Mit mutigen Sätzen springen sie über den Weidezaun. Na gut, nehmen wir die Tiere eben mit. Wir gehen ja eh zum Hof.
Das Zuhause der Ziegen präsentiert sich mit viel Hofnostalgie – grunzendes Sattelschwein inklusive. Wir besuchen die Lämmer im "Kinderzimmer" und den kleinen Hofladen. Wir schauen uns einen kurzen Film an und dann gibt es Käse. Wir kosten uns durch das kleine, feine Hofsortiment. Und selbst die, die am Anfang Ziegenkäse gegenüber eher skeptisch waren, kommen ins Schwärmen. Der Käse schmeckt frisch, gut gewürzt – einfach köstlich! Zwischendurch wird unser eigener Käse in seinen Formen immer mal wieder gedreht.
Und plötzlich – fertig! Unglaublich! Vier unterhaltsame Stunde nach dem Einformen und dem einen oder anderen Drehen später halte ich meinen ersten eigenen Käse in der Hand. Es hat geklappt! Einmal noch kräftig von allen Seiten salzen und schon kann jeder von uns seinen eigenen weißen, köstlichen Käsetaler mit nach Hause nehmen. „Ich bin stolz auf euch“, sagt Gitte. "Es hat wirklich gut geklappt heute." Ja, ich auch – ich bin ein klein wenig stolz auf mich. Und ich bin nun Jung-Käserin, mit Zertifikat von Gitte Kutschbach.
Adresse
Glinder Ziegenhof
www.glinder-ziegenhof.de
Familie Kutschbach
Dorfst. 80
39249 Glinde
Tel.: 039298 / 3930
Glinder Ziegenhof
www.glinder-ziegenhof.de
Familie Kutschbach
Dorfst. 80
39249 Glinde
Tel.: 039298 / 3930